Konzertkritik von Sabine Bierich
„Red Box spielte am letzten Samstag im Haberhaus auf – zahlreiche Songs erleben bei diesem Konzert ihre Premiere.
Patrick Stoll steht auf der Bühne und singt. Es ist spürbar eine Herzensangelegenheit: Das gute alte Amerika hat es ihm angetan. Im schwarzem Jackett, in Hemd und Hose wirkt er ein bisschen wie Buddy Holly. Seine grosse Leidenschaft gilt aber dem amerikanischen Liedermacher James Taylor. Den Abend beginnt er mit dem Song eines der grossen Zeitgenossen Taylors, Jackson Browne und seinem «I’m Alive» aus dem Anfang der 70er- Jahre. «Now you can fill a swimming pool with all my salty tears …» singt er soeben. Mit kleinen Gesten unterstreicht er dabei den erzählerischen Impetus.
An der Gitarre begleitet ihn in spielerischer Transparenz Martin Gisler. Dezent legt sich das Schlag- zeug dazu. Das Saxofon setzt freche Spitzen. Bisher trat die Formation Red Box vorwiegend zu zweit auf, bestehend aus Stoll und Gisler. Seit einiger Zeit ist die Lebensgefährtin Gislers, die Sängerin Flavia Zucca, öfter mit von der Partie. Für heute hat sich Red Box ausserdem Saxophonist Jonas Knecht und, zum allerersten Mal bei ihnen mit dabei, den Drummer Thomas Klee eingeladen. Ein bisschen scheint die Band sich noch aneinander heranzutasten. «50 Ways To Leave Your Lover» von Paul Simon geht aber schon ganz schön flockig-locker von der Hand.
Mitteilsam und liebevoll behandelt Red Box die alten hauptsächlich 70er-Jahre-Lieder, ganz so wie Stolls Eigenkomposition «Handle With Care». Dynamisch mischen sich darin die Stimmen von Zucca und Stoll. Saxophon und Gitarre geben sich ein tänzerisches Stelldichein. In «The Frozen Man» von James Taylor merkt man eindrücklich, worum es Red Box geht:
Sie möchten Geschichten erzählen. Mal flüstert Sänger Patrick Stoll sie ein, mal schleudert er sie mit Peng heraus. Flavia Zucca gibt dem «Affen Zucker» mit ihrem samtig-warmen Timbre. Drummer Klee markiert den Herzschlag, Gislers Gitarre ist fein episch, und aufrührerisch ist Knecht am Saxophon.
Nach der Pause gibt die Tontechnik ein wenig Hall dazu, was das Klangbild noch besser abrundet. Knecht spielt Alt- und Sopransaxophon, dem Trommelwerk fehlen die grossen Trommeln und damit die Basstöne. Elf Songs bringt Red Box an diesem Abend zum ersten Mal zu Gehör.
Aus dem mit Rot ausgeschlagenen schwarzen Koffer, der am Bühnenrand steht, packt Stoll eine Langspielplatte von Bruce Springsteen aus und singt, gefährlich, sein «Tenth Avenue Freeze–Out». Flavia Zucca brilliert in «A Moment Like This», worin sie mitreissend ihr Stimmpotenzial auspackt. Mit ihren Soli von «Somewhere Over The Rainbow» und einer Version von «What A Wonderful World» weiss sie genauso zu überzeugen.
Den Schluss bestreitet die Band mit «Still Crazy After All These Years», dem Lied zum Motto des Abends von Paul Simon. Die Red Box läuft rund, und die Stimmung im Haberhaus ist ausgelassen.“
November 2013